Testbericht mit dem Lithium-Reva vom 23. Nov 2008 Ralph Schnyder, 23.11.08
Bei schönem Wetter und ebener Strasse fährt noch manches. Deshalb war es gerade ideal, dass es geschneit hatte und die Kinder zum Schlitten fahren wollten. Also TWIKE TW 001 mit Jane, Tanya und drei Schlitten (zusammen ca 120kg) beladen, den Reva mit Adrian, Sarah und mir (ca 215kg) und dann ab in die Berge (...ob es für den Reva ein Dachträger gibt muss ich noch klären).
Die Strasse war teilweise schnee- oder eisbedeckt und ein kalter Südwind blies bei Minus 2 Grad. Die Batterien hatten wir am Vorabend voll geladen, sodass sie garantiert nicht viel über dem Gefrierpunkt waren. Etwas vorsichtig fahre ich auf der 7kW Begrenzung und beobachte was das kleine Fahrzeug mit der Strasse macht. Bei einem so kurzen Radstand, wenig Gewicht und mehr Höhe als Breite ist mir nicht ganz so wohl. Auch all das was heute die Autoprospekte füllt wie ABS und ESP fand ich nirgends in den Unterlagen.
Der Blick geht immer wieder nach unten zum Voltmeter: 54V sind mal recht schön zum losfahren, auf der reduzierten Stufe fällt die Spannung auf 51V ab und bleibt dann dort.
Zwischenhalt und Fotostopp vor der Kulisse des Bölchen. Auf 880m und nach vielen engen Kurven sitze ich schon viel entspannter auf der hohen Sitzbank. Adrian hat sich inzwischen mit gewissem Erfolg in die Bedienung des Autoradios eingearbeitet. Dies ist heutzutage mit Abstand der komplizierteste Teil von jedem Auto.
Die 4 Blöcke der dreifels Lithium Power Batterie passen perfekt unter die Sitze. Es bleibt mehr Platz für die Füsse der hinteren Passagiere und man könnte die Sitzbank noch ein paar Zentimeter tiefer legen. Der "Tankdeckel" verdeckt den Euro-Ladestecker. Sobald man den Deckel öffnet wird die Fahrelektronik und alles andere abgeschaltet. So kann man nicht mit dem Ladekabel abfahren und auch nicht aus Versehen das Licht oder Radio angeschaltet lassen.
Dann kann es weiter gehen. Am Drehknopf links vom Armaturenbrett gehe ich nun auf volle Kraft. Der Asynchronmotor zieht rassig und lautlos weg und lässt das TW 001 zurück. Die Spannung fällt auch bei rund 300A nur auf 48V runter. Die 13kW stimmen gut, wenn der Wirkungsgrad 90% ist. Anders als bei all den anderen kleinen Wägelchen muss man hier nicht aufpassen, dass die Räder durchdrehen, denn beim Beschleunigen verlagert sich das Gewicht nach hinten und bringt damit auch das volle Drehmoment auf die Strasse. Trotz der harten Federung (wir sind 200kg zu untergewichtig, dank Lithium) bleiben auch bei rassigen Kurven alle Räder satt am Boden.
Der steilste Teil vor der Passhöhe ist schneebedeckt. Perfekt, um mal zu sehen, wo der Kleine hin gehen würde, wenn die Räder die Führung verlieren. Mit Vollgas ein paar Schwenker, aber anders als von einem Hinterradantriebler ohne ESP zu erwarten wäre, geht er schöne brav weiter gerade nach vorne und schiebt leicht über die Vorderräder.
Am steilsten Stück kommt uns TWIKE Fahrer Markus Chrétien entgegen, allerdings zu Fuss. Anhalten, grüssen und dann gerade mal Anfahren am Berg ausprobieren. Das geht ja locker auch bei über 15% und trotz dem etwas undurchschaubaren Handbremsstock in der Mitte. Im Prospekt lese ich etwas von einem "Hill restraint feature", das muss es wohl sein: genial!
Auch hier, die Räder machen keine Anzeichen von Durchdrehen, wie das bei den Fronttrieblern heute so üblich gewesen wäre.
Der Range Rover hinter mir tönt schon so, wie wenn er im Geländegang auf Allrad geschalten hat. Wenige Sekunden später sind wir auf der Passhöhe des Chilchzimmer-Sattels (992 m ü. M. oder 517 Höhenmeter ab Start). Die Spannung ist trotz Kälte und voller Leistung (4C-Entladung) noch wie zu Beginn der Fahrt. Die LiFePO4 Batterie hat die angenehme Eigenschaft, dass sich die Spannung bei hoher Belastung während der Entladung sogar noch leicht erhöht durch die Erwärmung der Zellen. Ein Griff zu den Akkus unter dem Sitz, aber der eisige Wind ist stärker und rasch ziehe ich die Handschuhe wieder an.
Die Batterie wurde auf den 8km und 517 Höhenmeter innerhalb von rund 20 Minuten zur Hälfte geleert. Unter diesen Umständen wäre wohl das alte Blei schon ziemlich an der Grenze der Misshandlung gewesen. Die Lithium nimmt's locker.
Oben angekommen ist natürlich die Parkplatzfrage die erste, die dank den kompakten Abmessungen keine Frage ist. Der Reva ist tatsächlich kürzer als ein TWIKE und passt in die kleinste Ecke. Auch der Schneewall macht ihm keine Sorgen, wo das TWIKE Hinterrad schon kräftig durchdreht.
Dann zu Fuss weiter auf den Gipfel und mit dem Schlitten wieder hinunter. Wie geht's wohl mit Reva den Berg hinunter? Lässt sich die Rekuperation gut dosieren und was ist, wenn ein Rad auf Eis rutscht und das andere auf dem Asphalt steht?
Die Überraschung merke ich schon gleich am ersten Abhang: es gibt keine! Der Reva fährt so, wie wenn nichts wäre und die Rekuperation hält auch am steilsten Stück beim Loslassen des Gaspedals sanft das Fahrzeug unter Kontrolle. Strom fliesst zurück und die Spannung geht auf 57V (maximal zulässige Ladespannung wäre 61V).
Hundert Meter tiefer laden wir wieder alle Kinder und Schlitten ein und fahren mit "Dire Straits" in der Soundanlage die Serpentinen hinunter, immer sportlicher und schneller. Ein starkes Gebläse und Heckscheibenheizung sorgen trotz feuchten Insassen für klare Sicht durch die steilen Scheiben. Den Schalter für eine Innenraumheizung habe ich noch nicht gefunden, vielleicht hat diese Ausführung ja nur eine Klimaanlage.
Zuhause geht's gleich an die Steckdose um den Verbrauch zu messen: 3.24kWh ab Netz passen rein. Für 16km ergäbe dies stattliche 20kWh/100km, allerdings war dies nicht gerade eine repräsentative Messfahrt. Den normalen Verbrauch werde ich in den nächsten Tagen messen.
Fazit: Der Umstieg vom TWIKE in den Reva ist anfangs gewöhnungsbedürftig: an die hohe Sitzposition, die fast normalen Türen und Fenster und das sanfte, fast geräuschlose Davonflitzen kann man sich allerdings rasch anpassen. Die Inder haben ihre Aufgaben wirklich souverän gelöst. Selbst auf einer Testfahrt wie dieser, die mit der Bergstrecke, dem Schnee und Eis wohl kaum zu den Alltagsbedingungen in Bangalore gehört, geht der Reva locker um. Die Gewichtsverteilung ist optimal, das Fahrwerk trotz Starrachse hinten und harter Federung sehr gutmütig und auch das Bremssystem mit Scheibenbremse vorne und Trommel hinten, sowie einer kräftigen Rekuperation ist sehr gut abgestimmt.
Mit der Lithium Batterie ist der Reva wirklich ein modernes, effizientes und praktisches Nahverkehrsmittel für die Familie, CO2-frei und kostengünstig (... nicht billig, denn für die Batterie muss man rund 2'000.- SFr pro Jahr Amortisation einrechnen).
Verfügbarkeit und Zulassung Zur Zeit wird der Reva in der Schweiz nicht angeboten. Allerdings besteht die Typenzulassung (leichtes Motorfahrzeug) und bei entsprechender Nachfrage könnte man eine kleine Serie importieren. Der Verkaufspreis würde mit der 4kWh Lithium Batterie bei etwa 30'000.- SFr liegen.
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(23.11.2008, rs)